Am Yom HaShoah steht das Leben in Israel still. Um 10 Uhr heulen die Sirenen auf und das Land gedenkt der jüdischen Opfer des nationalsozialistischen Genozids. Einer der Überlebenden der Konzentrationslager ist Zvi Cohen, der 1931 als Horst Cohn in Berlin geboren wurde. Bereits seine frühe Kindheit war von Ausgrenzung und Gewalt durch Hitlerjungen geprägt, die ihn in seiner Straße angriffen. Er verließ die Wohnung nicht mehr und erlebte die Luftangriffe auf Berlin im vierten Stock, da er als Jude nicht in den Luftschutzbunker durfte. 1943 wurde er gemeinsam mit seinen Eltern in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo er zwei Jahre lang Krankheiten und Hunger trotzte. Seine Großeltern mütterlicherseits verhungerten in Theresienstadt, auch nahezu die gesamte Familie seines Vaters wurde in der Shoah ermordet. Gemeinsam mit seinen Eltern bekam er einen Platz auf dem so genannten „Schweizer Transport“, der auf Initiative Himmlers Juden aus Theresienstadt im Tausch gegen Medikamente für die SS in die Freiheit brachte. In der Schweiz wurde der 14-Jährige von einem Kibbuznik angesprochen, der Mitglieder für einen sozialistischen Kibbuz in Israel suchte. Da die Familie nicht wusste, wo sie sonst hin sollte, entschieden sie sich für das Leben in Israel. Am 1. September 1945 kam Familie Cohen im Kibbutz Ma’abarot an, wo Zvi seither sein gesamtes Leben verbringt. 

Der Ausstellungsbeitrag zeigt die Gedenkzeremonie am Vorabend des Gedenktages im Kibbutz, wo Zvi als letzter lebender Shoah-Überlebender in Ma’abarot die Kerzen entzündet und Zvis Teilnahme an einer offiziellen Gedenkveranstaltung. Für Zvi ist das Sprechen über seine Erlebnisse Anliegen und Trauerarbeit zugleich. Er erinnert sich an diesem Tag an seine vier Großeltern, seine Familie und zahlreiche Freund*innen, die ermordet wurden. Gleichzeitig möchte er formalisierte Gedenkabläufe durchbrechen und über seine persönliche Perspektive mit Anderen ins Gespräch kommen. Seine größte Sorge ist es, dass mit dem Tod der letzten Zeizeug*innen die Shoah immer ungreifbarer wird und langsam aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschen verschwindet.

Dieser Beitrag ist Teil eines Dokumentarfilmprojekts von Richard Haufe-Ahmels über das Leben des Shoah-Überlebenden Zvi Cohen im ehemals sozialistischen Kibbuz Ma’abarot.