Käte Rogalli wurde am 17. September 1903 in Berlin geboren. Sie lebte in den 1920er Jahren offen als Frau und wurde wahrscheinlich von Magnus Hirschfeld, einem bekannten Sexualwissenschaftler begutachtet. So erhielt sie 1926 einen Transvestitenschein und führte 1928 eine amtliche Namensänderung durch. 1929 heiratete sie ihre bereits mit Zwillingen schwangere Freundin Gertrud. Ende 1936 wurde

Käte der Transvestitenschein entzogen und die Gestapo zwang sie, sich in Männerkleidung umzukleiden. Wenige Zeit später wurde sie in das Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg eingeliefert, da sie sich nicht an das Verbot der Gestapo gehalten hatte, keine Frauenkleidung mehr zu tragen. In Sachsenhausen wurde ihr die Häftlingskategorie „Transvestit“ zugeschrieben, dann wurde sie als Schutzhäftling kategorisiert. Kurz nach ihrer Entlassung aus dem Konzentrationslager stand sie wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ vor Gericht und wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, während denen sie im Straßenbau arbeiten musste. Während dieser Zeit entzog man ihr das Sorgerecht für ihre Kinder. 1941 ließ das Gericht sie, nach einem zweiten Verfahren wegen „Erregung Öffentlichen Ärgernisses“ in die Wittenauer Heilstätten zwangseinweisen. In der Psychiatrie nahm sie sich im April 1943 das Leben.

Über Käte fand im Rahmen von „Cultures of Rememberance“ ein Workshop statt, der sich an TIN* Personen richtete. Die dort entstandenen Collagen kreierten die Teilnehmenden aus Zitaten, die aus den Strafakten über Käte stammen. Die fremdbestimmten Quellen wurden künstlerisch transformiert. In der Diskussion kamen Wir zum Schluss, dass es fast unmöglich ist, Kätes Identität aus solchen Dokumenten herauszulesen. Trotzdem wurde klar: Es gibt spezifische Erfahrungen, die über Raum und Zeit hinweg Verbindung schaffen.

Historische Begriffe werden in diesem Text kursiv geschrieben. Das ist eine erinnerungskulturelle Methode, die sichtbar machen soll, dass es sich um Fremdzuschreibungen handelt.

Weiterführende Informationen

Der Transvestitenschein

Der Transvestitenschein war ein, durch ein medizinisches Gutachten erwerbbares polizeiliches Schreiben. Bescheinigt wurde, dass man bei der Polizei als Transvestit oder Transvestitin bekannt war. Einer Erlaubnis des Tragens der bevorzugten Kleidung bedurfte es eigentlich nicht, denn Crossdressing war rechtlich nicht verboten. Vielmehr wurden Betroffene mit dem Schein ermahnt, nicht in der Öffentlichkeit aufzufallen. Er diente außerdem ihrer Registrierung und Überwachung. Während im Nationalsozialismus kaum noch Scheine ausgestellt wurden, nahm die Anzahl jener Personen zu, denen der Schein entzogen wurde.

Die amtliche Namensänderung


Der Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld und sein Institutsanwalt Walter Niemann hatten es Anfang der 1920er Jahre durch Lobbying geschafft, dass Menschen, die als Transvestiten galten ihren Vornamen amtlich ändern konnten. Der Justizminister persönlich entschied über die Vornamensänderungen. Dabei standen nur bestimmte Namen zur Auswahl. Bisher bekannt sind Alex, Toni, Gerd/Gert und Theo. Diese Namen galten als geschlechtsneutral und wurden deshalb vergeben, weil das Justizministerium davon ausging, dass Betroffene sich früher oder später wieder dazu entscheiden würden, in dem ihnen bei Geburt zugeschriebenen Geschlecht zu leben. Diese Unterstellung zeigt, dass die Identitäten der Betroffenen von Seiten des Staates nicht wirklich ernst genommen wurden.

Die Schutzhaft


Die Schutzhaft ermöglichte es, Gegner*innen des nationalsozialistischen Regimes zu verhaften und auf unbestimmte Zeit, zum Beispiel in einem Konzentrationslager, zu inhaftieren. Diese Verhaftungen wurden meist durch die SS und die Gestapo ausgeführt und, ohne richterlichen Beschluss oder Verurteilung. Die gesetzliche Grundlage dafür wurde bereits am 28. Februar 1933 mit der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ eingerichtet. Manche Menschen, wie auch Käte, verbrachten mehrere Monate in Gefangenschaft.

Zeichnung Käte Rogalli


Wir hätten an dieser Stelle gern das einzig überlieferte Porträt von Käte Rogalli gezeigt. Es befindet sich in ihrer Krankenakte der Wittenauer Heilstätten, die im Landesarchiv Berlin verwahrt wird. Die angeordnete „Schutzfrist“ endet erst am 31. Dezember 2038 – 95 Jahre nach dem Tod von Käte Rogalli.

© Tomka Weiß
Zeichnung: Tomka Weiß ist ein Berliner Künstler, Grafiker, Ausstellungsmacher und trans* Aktivist. Seine Zeichnung von Käte Rogalli ist inspiriert durch einen Artikel des trans Historikers Zavier Nunn über Kätes Leben.

Collagen: Tomka Weiß, Juri Permantier, Ian, elias, flo, Kai*